Seniorenwanderwoche VIA SPLUGA 23.  - 29. 07. 2017

Senioren, Tourenberichte

Leitung: Carlo Stammler

Teilnehmer: Heiri Britt, Maya Burren, Armando Camenzind, Erika Jäger, Beat Landtwing, Max u. Inge Lustenberger, Hans u. Willi Lustenberger, Edith McCartney, Otto Meier, Walter u.Madeleine Ringger, Hansjörg Tinner.

Auf beachtlich grossen Teilstrecken ist der Saumpfad von Thusis über den Splügenpass nach Chiavenna erhalten geblieben. Der einst beschwerliche und nicht ungefährliche Saumpfad war für Warentransporte auf Maultier- und Eselsrücken angelegt. Eine für die Ewigkeit gebaute Senkrecht-pflästerung in nahezu gleichmässiger Steigung bringt idealen Wanderkomfort und öffnet den Blick zurück auf eine äusserst limitierte Mobilität. A-propos Mobilität: «Wanderland Schweiz/Schweiz Mobile» vermarktet die VIA SPLUGA (Nr. 50) mit sog. Packages inkl. Gepäcktransport und Hotelreservation.

Unser Tourenleiter Carlo kehrt sehr clever den Spiess um und bucht schon mal für eine ganze Woche im traditionsreichen Hotel Bodenhaus in Splügen, sozusagen auf Strecken-Halbzeit. Das um-triebige Bodenhausteam unter der Leitung vom Ehepaar Löschl offeriert wenn und wo nötig, die Transporte zum Ausgangs- bzw. zurück ab Endpunkt der Wanderung. Damit ist eine flexible, weniger wetterabhängige Tagesplanung gewährleistet. Und zum Nachtessen am Sonntag: der Geburtstagswein von Carlo, «Happy birthday!»

Weder sorgfältige Planung noch Kerzlein können zu Beginn der Tourenwoche verhindern, dass wir am MONTAG, kurz nach dem Start in Sils i.D. von einem heftigen Gewitter überrascht werden. Nun erst recht lassen wir die Perlen am Weg nicht aus: die Burganlage Hohenrätien samt einstiger Talkirche, die Via Mala-Schlucht, den Traversinersteg (hängende Treppe aus Lärchenholz) und insbesondere die Kirche St. Martin in Zillis mit ihrer europaweit einzigartigen Bilderdecke aus dem Jahr 1160. Der geometrisch klar strukturierten Bilderbibel auf 153 Holztafeln liegt die Vorstellung der mittelalterlichen Weltkarte zugrunde: die Erde als eine vom Weltmeer umflossene Fläche, darüber das Himmelszelt. Der anstrengende, wenigstens trockene Aufstieg nach Donat und endlich hinunter nach Andeer ist für einzelne TeilnehmerInnen grenzwertig.

Das nass-warme Wetter begleitet uns auch am DIENSTAG und beschert uns nicht wenig Gegen-verkehr: schwarzglänzende Molche, vom Baby bis zum 15 cm–Strolch. Am Verarbeitungswerk der Andeer Granit AG vorbei, hinauf zum Kraftwerk Bärenburg (eine Zwischennutzung der Kraftwerke Hinterrhein AG) und fast ebenso tief hinunter und hinein in die Rofflaschlucht mit ihrem historischen Bezug zu den Niagara-Fällen USA/CAN, dann per Wendeltreppe hinauf aufs Dach der A13 – der alte Saumpfad lässt grüssen – , hinauf zum Festungswerk Crestawald, und endlich hinaus auf das Plateau von Sufers mit seinem schmucken Dorfkern. Unten glänzt der Stausee Sufers, ein Kompromissprodukt zum bereits projektierten, gigantischen Stauwerk, das in letzter Konsequenz die ganze Talschaft Rheinwald überflutet hätte.

MITTWOCHMORGEN: Es regnet! Mit Carlos Organisationstalent kein Problem. Beizeiten stehen Kleinbus und PW bereit und nach gut einstündiger Fahrt über den nebelverhangenen Splügenpass können wir uns unmittelbar beim Ausgangspunkt zur Etappe 4, unweit der Staumauer Lago d’Isola, startklar machen. Wetter: stark bewölkt bis sonnig, angenehme Wanderbedingungen. Kleine fruchtbare Schwemmebenen wechseln ab mit blockartigen Bergsturzkegeln, über die sich der Talfluss Liro stürzt. Nachdenklich stimmt der zerfallene, verlassene, vom Wald verschluckte Weiler Vallesegna auf kaum 800 m. Unterhalb von San Giacomo Filippo führt der Weg mit einem kurzen Gegenanstieg auf eine Alternativroute; die Original-VIA SPLUGA ist wegen Bergsturzgefahr gesperrt. Endlich, noch einige (hundert) Treppenstufen und wir stehen am Rande der Altstadt Chiavenna. Knapp 300 Jahre lang (1512-1797) stand das Jakobstal samt Cläven (Chiavenna) unter bündnerischer Verwaltung. Die Talbevölkerung um Chiavenna bis hinab zum Comersee hat sich um den definitiven Anschlus zu Graubünden bemüht. Doch Unentschlossenheit im bündnerischen Rat (1803) einerseits und in der Eidgenossenschaft (1815) andererseits, haben dies vereitelt.

Auf der zweistündigen Rückfahrt im italienischen Linienbus lässt sich vortrefflich über «was? wann? warum?» sinnieren.

Fehlt noch die Königsetappe! Wir starten am DONNERSTAG bei wenig Sonne, jedoch trockenen Fusses direkt vom Hotel aus. Rasch gewinnen wir an Höhe und erfreuen uns am beachtlich gut erhaltenen Saumpfad. Wir bewundern rechter Hand die sanften Schwünge der 1823 eröffneten Splügenstrasse, der sog. Commercialstrasse. Dem Erbauer, Ing. Carlo (nomen est omen!) Donegani ist es gelungen, eine, mit durchwegs fünf Meter Breite, dem Kutschenverkehr dienliche, winter-taugliche, Passstrasse so zu erstellen, dass die eleganten Kehren sich harmonisch ins Gelände ein- fügen. Dem inzwischen motorisierten Sommer-Ausflugsverkehr genügt sie alleweil.
Den Grenzstein Nr. 6 auf der Passhöhe lassen wir links stehen und streben forsch der obersten Cantonniera (Wegmacherhaus) zu. Der Nordföhn bläst uns buchstäblich nach Monte Spluga hinunter. Für den Mittagshalt hat Carlo im Ristorante La Capriata reserviert. Dem rechten, steil zum Stausee abfallen-den Ufer entlang erreichen wir den Ausgangspunkt zum wohl spektakulärsten Teilstück  der VIA SPLUGA, der Abstieg durch die Cardinello-Schlucht. Der zum Teil aus dem Fels gehauene Saumpfad erfordert Trittsicherheit und trockene Bedingungen. Erstmals im frühen 18.Jahrhundert ausgebaut, war der Pfad nach dem Bau der Commercialstrasse (1823) kein Thema mehr. VIA SPLUGA sei dank, seit 1980 ist die Schlucht wieder passierbar. Vierhundert Meter tiefer überqueren wir den jungen Liro, erreichen das blumengeschmückte Rasdeglia und drei Kilometer später das Etappenziel Isola.

Der italienische Regionalbus führt uns fahrplangetreu zum zweiten Mal die Scheusslichkeit eines Skiresort im Sommer (Madésimo) vor Augen.

Somit sind die 4 Etappen der VIA SPLUGA gemeistert. In Zahlen (Gewährsmann Max):

  • Etwas über 70 km
  • Aufstieg 2’675 Hm
  • Abstieg 3’010 Hm

Für FREITAG, dem Jokertag, verspricht Carlo ein «Extra-Zückerli»: die Surettaseeen. Wir erreichen diese bei schönem Wetter ab Isabrüggli auf gutem Bergweg bei sich stetig öffnender Sicht auf die umliegende Bergwelt. Auf der Kuppe (2’277 m) über dem oberen der drei grössten Surettaseeen ist die Aussicht überwältigend: die Schwarzhörner, Surettahorn, Teurihorn, Alperschälli, Weisshorn, Chilchalphorn, Güferhorn, Rheinwaldhorn, Guggernüll, Tambohorn, Piz Ferré usw.

Ein einfacher Waldweg holt uns zurück aus der Träumerei und hinunter nach Splügen.

Mit Applaus und einem herzlichen Dankeschön lassen wir am letzten Abend unseren Carlo hoch-leben und krönen ihn zum VIA SPLUGA–König. Man beachte: Acht Mal hat Carlo seine Rossberg Senioren die VIA SPLUGA hinauf und hinunter geführt, somit weit über hundert Teilnehmende.

Zählt man die teils mehrmals bewältigten Vorlaufstrecken dazu – man rechne – siehe Gewährs-zahlen von Max. Eine Meisterleistung! Carlo, herzlichen Dank!

01.08.17/Hansjörg und Max